10 Jahre eines brasilianischen Fagottes

1. Alles begann mit einem zwangslosen Gespräch unter Kollegen. Die Herausforderung ein brasilianisches Fagott herzustellen, um das Fehlen dieses Instruments auf dem hiesigen Markt zu beheben oder auch die Importprobleme, kam von Seiten einiger Freunde auf. Ich nahm die Herausforderung an, spürte aber bald auch die ersten Probleme; jedoch ging ich daran Erkundigungen einzuholen und nach einiger Zeit zeigten sich auch die ersten Resultate.

2.  Ein im Jahre 1990 abgelegtes Luthierpraktikum bei der Firma Püchner half mir bei der Entscheidung der etwas absurden Idee ein Fagott herzustellen ohne ein Minimum an Erfahrung und Kenntnissen zu haben. Dieses Praktikum hatte auch zum Ziel das Fehlen von Fachkräften in diesem Bereich etwas zu verringern.

3.  Nach vielfachen Experimentieren in einem "Minenbereich" - schliesslich hatte ich nie solchen Boden betreten - konnte im November 1991 das erste in Brasilien erbaute Instrument vorgestellt werden.

4.  Zahlreich waren die Versuche und gross die Suche nach Hölzern, Lacken, Bohrern, Werkzeugen, Metallen, Technologien, Kenntnissen und Geduld...und vieles mehr, das die Herstellung eines Fagottes notwendig macht bis es vorgestellt werden kann. Die ersten Instrumente erhielten sogar spezielle Kompositionen für jede Aufführung.

5.  Das Atelier wurde im Hinterhof meines Hauses improvisiert, wo es auch heute noch, mit einigen Verbesserungen, funktioniert. Die verschiedenen Arbeitsabläufe verteilen sich auf verschiedene Ecken dieses Ateliers, denn handelt es bei der Herstellung eines Fagottes um zahllose, notwendige Operationen.

6.  Jedes fertige Instrument musste seine "Feuertaufe" in einem Orchesterkonzert, Recital oder Kammermusikkonzert bestehen, wobei es einige Male auch in Hände Neugieriger, Professoren oder Studenten geriet.  Die Instrumente mussten auch den delikatesten Test bestehen, den der Musik!

7.  Mit der Herstellung wuchs die Erfahrung, denn jedes neue Instrument sollte auch eventuelle Probleme der vorhergehenden Instrumente beiseite legen. Und nicht nur dies: es wuchs auch das Interesse an Erneuerungen. Zum Anlass meines 50. Geburtstags stellte ich in einem Konzert ein weisses Fagott mit der Bezeichnung op. 20 vor. Diese Bezeichnung handelte mir unrichtigerweise in Artikeln und Berichte den Ruhm eines Komponisten ein, was natürlich nicht der Wahrheit entspricht.

8.  Eine gutgelungene Neuigkeit war die Herstellung des Fagottes-JUNIOR, welches die häufige Nachfrage vieler junger Anfänger  nach einem geeigneten Instrument befriedigt. Mein Juniormodell wird diesen Ansprüchen gerecht.

9.  Zehn arbeitsreiche Jahre produzierten Instrumente, die sich in verschiedenen Teilen Brasiliens befinden aber mich auch in den USA sowie in Cuba representieren; es ist sicher ein dankbares Gefühl sein eigenes Instrument spielen zu können oder den eigenen Namen unter den Instrumenten einer Gruppe wiederzufinden.

10.  Diese kleine Schilderung, angereichert mit einigen Illustrationen, Kommentaren und Artikeln aus Fachzeitschriften aus aller Welt zeigt ein Brasilien das sich inzwischen auch im Bereich der Fagottbauer sehen lassen kann.

November, 2001

            Hary Schweizer

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